Forget Baghdad
Regie: Samir. Mit: Shimon Ballas, Moshe (Moussa)
Houri, Sami Michael, Samir Naqqash, Ella Habiba Shohat.
D/CH 2002, 110 Min., arab., engl., hebr. mit dt. Kommentar und Untertitel,
Video.
<Der Dokumentarfilm <Forget Baghdad> portraetiert vier
irakisch-juedische Kommunisten im israelischen Exil. (...) Daheim
im Irak waren die vier Protagonisten des Films von ihrem Selbstverstaendnis
her <proletarische Internationalisten>, ihre juedische Herkunft
irrelevant. Doch nicht fuer ihre Umwelt. Spaetestens ab Anfang der
fuenfziger Jahre passten sie nicht mehr ins Konzept des erstarkenden
irakischen Nationalismus, den sie paradoxerweise als Kommunisten
unterstuetzt hatten. Nach dem <Farhud>, dem <brutalen Schlag>,
als Juden auf den Straszen Bagdads ermordet wurden, flohen sie nach
Israel. Doch dort wurden sie nicht mit offenen Armen empfangen,
sondern erlebten, diesmal als orientalische Juden, rassistisch motivierte
Demuetigungen und Diskriminierungen. (...) Alle vier sind sie Schriftsteller,
daneben arbeiten sie als Literaturwissenschaftler, Journalisten
oder Herausgeber. Sie sind nicht nur sprachgewandte und analytisch
denkende Interviewpartner; ihre Biografien spiegeln auch in besonders
eindruecklicher Weise den Schock der kulturellen Entwurzelung.
Doch Samir belaesst es nicht bei dieser Bilanz, sondern stellt den
alten Männern eine juengere Frau zur Seite, die ihre Tochter
sein koennte: Die in Israel geborene irakischstaemmige Filmwissenschaftlerin
Ella Shohat, deren Leben - wie das Samirs - ein Beispiel dafuer
ist, wie irakische <Secondos> sich zwischen den Kulturen eine
neue Heimat suchen. Shohat lebt heute in New York, wo sie unter
anderem die Folgen des Zionismus für die orientalischen Juden
erforscht. Ihre Ausfuehrungen zur laecherlichen Figur des arabischen
Juden in historischen israelischen Filmen ergaenzt Samir mit Ausschnitten
aus solchen <Borekas-Filmen> sowie mit Sequenzen aus alten
Revue-, Propaganda- und Unterhaltungsfilmen, die die Klischees <des
Juden> und <des Arabers> reproduzieren. <Forget Baghdad>
ist ein vielschichtiger, anspruchsvoller, an Informationen und Bildern
aeuszerst dichter Film, der eindruecklich von der Tragoedie der
kulturellen Entwurzelung erzaehlt. Zwar ist er mit den vielen Interviewsequenzen
und unzaehligen Zwischentiteln etwas zu sprachlastig und didaktisch
ausgefallen. Dennoch: Gerade in einer Zeit, in der im Nahen Osten
die Feindbilder geschuert werden, beruehrt dieser Film, der eine
verschwundene, verlorene Welt in Erinnerung ruft, ein Bagdad, in
dem Juden und Araber einst friedlich nebeneinander lebten.>
(Bettina Spoerri)
Gespraech mit Samir, Regisseur von <Forget
Baghdad>.
Samir, Regisseur und Produzent, Zuerich; geboren 1955 in Bagdad,
Irak. Nach der Schule fuer Gestaltung in Zuerich Lehre als Typograph,
Ausbildung zum Kameramann in einer groszen schweizerischen Filmproduktion;
in den neunziger Jahren Arbeit für etliche deutsche Sender
(ZDF, WDR, SAT 1, Pro 7) als Regisseur von Fernsehfilmen und Serien;
neben seiner filmischen Taetigkeit Arbeiten im Bereich der bildenden
Kunst; politische Videoarbeit; zusammen mit Werner Schweizer 1994
Gruendung der DSCHOINT VENTSCHR FILMPRODUKTION.
Link:
Dschoint Ventschr Filmproduktion, Zuerich
http://www.dschointventschr.ch/
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