Die Nachrichten aus dem Irak vermögen trotz ihrer Menge
kaum Vorstellungen von Leben inmitten des Krieges oder gar Empathie
mit den Menschen dort zu produzieren, von Einsicht in politische
Zusammenhänge gar nicht zu reden. Der kinoki-Mikrokinoabend
mit Irakexpertin und STANDARD-Redakteurin Gudrun Harrer versucht
einen Blick hinter die Kriegsbilder zu werfen.
"Control room"
von Jehane Noujaim, 84 min, USA 2004, Englisch
ohne Untertitel
In Control Room zeigt die ägyptisch-amerikanische Filmemacherin
Jehane Noujaim Journalisten von Al Jazeera, aber auch von NBC/ABC
und auch Presseoffiziere des US-amerikanischen Militärs bei
der Produktion der Berichterstattung über den Krieg im Irak.
Ohne vorder- oder hintergründige Polemik erhellt der Film die
Mechanismen
der Nachrichtenproduktion, die aus Kriegsberichterstattung Propaganda
werden lassen- oder auch nicht- , analysiert, welche weltanschaulichen
Hintergründe die jeweiligen Berichterstattung bedient und welche
Ausschlüsse,
blinden Flecken und Wertungen das jeweils produziert. Jehane Noujaim:
"Ich wuchs auf in Ägypten zu einen Zeit als die Nachrichten
stark vom Staat kontrolliert wurden und man nicht viel Kritik an
der Regierung zu hören bekam.
Als 1996 Al Jazeera zu senden begann, wurde das Programm in jedem
Kaffeehaus in Kairo gespielt. Sie schienen keinerlei Tabus zu kennen,
wirklich investigativ zu arbeiten und sie hatten Diskussionssendungen
über Dinge, über die niemand öffentlich sprach.(..)
Wenn man dann hört, daß Al Jazeera "Taliban-TV"
genannt wird, erwartet man, daß täglich Bin Ladens Tapes
gesendet werden, aber die JournalistInnen dort sind wie überall:
sie versuchen gute
Arbeit zu machen.(...)
Sie sehen sich als Medienpioniere in der arabischen Welt. Im Film
erzählt Samir, daß er in 15 von 22 arabischen Ländern
nicht einreisen darf, weil er für Al-Jazeera arbeitet. (..)
Medien sind ein System, es ist ja nicht so, daß da ein paar
Leute an der Spitze sitzen und alle Fäden in der Hand halten.
Es geht viel um Wettbewerb und darum, dein Publikum anzusprechen.
Ich hatte nicht mitbekommen, daß ein großer Teil des
amerikanischen Publikums von CNN zu FOX-News übergegangen ist,
und das war ein Teil
der Ursache, warum CNN seine Programmierung dann auf eine patriotischere,
mitreissendere Linie brachte."
"Battleground. 21 days on the empire's edge"
von Guerilla News Network, USA 2004, 82 min ,
Englisch ohne Untertitel
Aufschlußreiche Dokumentation einer 3 wöchigen
Reise unabhängiger US-Filmemacher in den Irak Ende 2003.
Der Film begleitet einen Schiiten, der mit den Amerikanern gegen
Saddam kämpfte, auf seiner Rückkehr zu seiner Familie.
Er fokussiert vor allem auf die Aporien der taktischen Allianz der
US-Politik mit den schiitischen Kräften, die zwar das Ende
des Saddamregimes begrüßen, aber eigentlich eine religiöse
Verfassung nach der Scharia wollen, und keinerlei weitere US-Einmischung.
Außerdem beobachtet Guerilla News Network US-Soldaten, die
kein Wort Arabisch sprechen, bei ihren eher hilflosen Einsätzen
und bei der Proklamation ihrer äußerst naiven Vorstellungen
von ihrer Mission. Ein Film, der Menschen im Irak und ihre unvereinbaren
Vorstellungen lapidar portraitiert.
"embedded reporting"
ca 10 min. USA 2006,
Die Anti-Irakkriegsbewegung in den USA bringt ständig neue
Antikriegfilme heraus, die allerdings zum großen Teil kommentierte
Neuzusammenschnitte medialen Mainstreammaterial sind. "embedded
reporting" ist ein Kapitel
aus dem Antikriegsfilm "breaking silence" von Tonje Hessen
Schei und David Bee, das zeigt, daß unabhängige Medienleute
kaum eine Möglichkeit haben, im Irak zu arbeiten, ohne von
allen Seiten - wörtlich- unter Beschuß
genommen zu werden.
Zwischen den Filmen::
Gespräch mit Gudrun Harrer (Arabistin, Standard-Außenpolitik-Ressortleiterin
und Sondergesandte im Irak) über die politischen Kräftekonstellationen
in der Region und die Geschichte der US-Politik dort.
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